Liebe Gemeinde

 

Liebe Anvertraute in unserer Gemeinde und darüber hinaus,

 

in diesen Tagen und Wochen durchlebe ich etwas, was ich vorher noch nie durchlebt habe. Ende Oktober gehe ich in den Ruhestand. In mir findet dabei immer wieder eine Achterbahnfahrt der Gefühle statt.

 

Mir ist und war viel anvertraut: Viele Menschen, viele Lebenswege, viele große und kleine Aufgaben, manches Mal zu viele. In jeder Woche meines Dienstes hat sich Schweres und Leichtes gepaart. Kein Tag war wie der andere.

 

Dabei gab es für mich drei wesentliche übergeordnete Herausforderungen:

Die erste war die Vielzahl der Aufgaben und Rollen: Als Seelsorger, Verkündiger, Lehrer, Sozialarbeiter, Redner, Handwerker, Moderator, Organisator, Manager, Verwaltungsangestelter, Diener, Vorgesetzter und noch manches mehr. Dabei freiberuflich handelnd, unternehmerisch entscheidend und angestellt denkend.

 

Die zweite übergeordnete Herausforderung war die ungeheure Vielzahl der Interessen, die in so großen Körperschaften, wie Gemeinde und Kirche es sind, immer miteinander verhandelt werden müssen.

 

Die dritte Herausforderung war und ist mein Anspruch, allen Aufgaben und Menschen gerecht zu werden - bei gleichzeitigem Wissen, dass es nicht geht. Und hier bitte ich ausdrücklich um Vergebung, wo ich es nicht geschafft habe.

 

Letztlich möchte ich an dieser Stelle weitergeben, dass mich in all den Jahren und Jahrzehnten zwei biblische Aussagen begleitet, geleitet und gestärkt haben. Dabei hatte ich einen Vers für den Tag mit seiner Arbeit und einen Vers für die Nacht mit ihrem Schlafbedürfnis und auch in der Schlaflosigkeit.

 

Für meinen Dienst am Tag hat mich geleitet, was im 2.Timotheusbrief, Kapitel 1 Vers 7 steht: “Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.”

 

Oft wusste ich nach dem Aufstehen am Vormittag nicht, wie ich alles schaffen sollte. Dann war für mich lebenswichtig zu erkennen, dass ich Empfangender sein darf. Dass Gott mir Kraft, Liebe und Besonnenheit bereitstellt. Darum habe ich gebetet. Das hat mir geholfen. Das hat mich gerettet. Vor allem das Geschenk der Liebe Gottes war und ist meine Kraftquelle. Nach diesem Leben im Lieben sehne ich mich nach wie vor.

 

Und da ich kein guter Schläfer bin, brauchte ich in den ungezählten Nächten immer wieder neu diesen Psalmvers: „Ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn allein du, Gott, hilfst mir, dass ich sicher wohne.“ (Psalm 4,9) Sich fallenlassen, mein Einschlafen und Aufwachen, mein Träumen und mein Wachliegen Gott anvertrauen.

 

In allem, was kommen wird, dürfen wir wissen, dass wir durch unseren ewigen Gott geborgen sind und verbunden bleiben.

 

Ihr / euer Bodo Steinhauer